Ganz verzweifelt besucht mich eine schwer belastete junge Frau: sie stammt aus einer riesengroßen Familie und hat immer viel zu viel gearbeitet. Mit großer Anstrengung hat sie sich aus einer Sekte losgemacht. Ihr Mann trinkt und raucht, seit sie sich kennen. Beide gehören Jesus und erwarten von IHM alles!
Vor Weihnachten ist sie mit ihren Kindern ausgezogen, weil sie es zu Hause nicht mehr aushalten konnte. Sie ist depressiv und kennt Bandscheibenvorfälle. Mit der pflegebedürftigen Mutter und vier Kindern, davon zwei nicht ganz einfach, ist sie über alle Maßen belastet. Dazu die tägliche Verzweiflung: jeden Abend Streit und Geschrei mit dem betrunkenen Ehemann.
Sie schafft es, dass er sich bei mir anmeldet. Kurz vorher ruft die Schwägerin mich an, ob er abgesagt habe? Nein, das Wunder geschieht, er kommt. Er hat ein ebenso fürchterliches Leben hinter sich wie seine Frau und fing schon in der Jugend an zu trinken. Viel haben wir zu besprechen, aber das Thema Alkoholentzug in der Klinik ist tabu. Nach einigen weiteren Gesprächen ruft er abends an, er könne den nächsten Termin bei mir nicht einhalten, denn er gehe in die Klinik zum Entzug! Was für eine Freude!
Nirgends kann es so dunkel sein, dass Jesus nicht Sieger wäre. Und er wird das angefangene Werk fertig kriegen (Phil1,6).
Dr. Christa-Maria Steinberg